Weltreise mit dem Rad
Schon immer haben die Menschen das Weite gesucht. Sie wollten fremde Länder und Menschen erleben, ihre Sitten und Gebräuche kennenlernen. Eichendorfs „Taugenichts“ wanderte noch zu Fuß durch die deutschen Lande. Goethe überwand in einer Kutsche den Alpenhauptkamm. Kürzere Entfernungen legte 1928 der „Eiserne Gustav“, ein Berliner Droschkenkutscher, mit Pferd und Wagen nach Paris zurück. Er brauchte für die Hin- und Rückfahrt fünf Monate. Und Trecker-Willi schaffte es mit seinem historischen Deutz in drei Monaten bis zum Nordkap und zurück. Zu Zeiten des portugiesischen Seefahrers Vasco da Gama, der 1498 Afrika umkurvte und in Indien landete, und Kolumbus (1492), der die Westroute nach Indien suchte und Amerika entdeckte, brauchte man mit dem Segelschiff Monate, um die halbe Welt zu umsegeln. Jules Verne ließ seine Helden in 80 Tagen um die ganze Welt reisen. Das war Rekord. Den Weg rund um den Globus machten bald Flugzeuge und Dampfer. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts schafften es auch ein Ballonfahrer und ein Solarflugzeug. Luxuriöse Hotelschiffe befördern zahlungskräftige Kunden über alle Weltmeere zu fast allen Erdteilen. Menschen sind umtriebige Wesen. Sie wollen etwas erleben, etwas das der Alltag im altbekannten Umfeld nicht hergibt. Das Ziel sind nicht immer ferne Länder. Manchmal ist der Weg auch das Ziel.
So empfindet es der gebürtige Kosovare und Freizeitwissenschaftler Artan Krasiqi. Gemeinsam mit dem gleichaltrigen Max Magura, einem Bremer Brauer und Melzer, (beide sind 28 Jahre alt) will er um die Welt reisen. Das Besondere? Für die Fahrt wollen die beiden nur die eigene Muskelkraft einsetzen. Und das geht nur mit dem Fahrrad. „Wir haben keine Termine, wollen einfach nur weg. Ganz vogelfrei“, sagt Artan. Längere Reisen haben beide schon vorher mit dem Segelboot unternommen. „Aber mit dem Fahrrad ist es einfacher“, meint Max. Und wo soll es langgehen? Über den Balkan in die Türkei, dann durch Iran nach Indien, durch den Himalaya nach China und Südostasien. Mit einem Sprung über den Pazifik geht es noch nach Australien, Nord- und Südamerika. Die beiden weltreisenden Radler haben sich ausgemacht, gegebenenfalls auch getrennt voneinander zu reisen. Die Fahrrad-Weltenbummler brauchen ihre Freiheit.
Jedes Rad ist schwer bepackt. Zwei Taschen hängen beidseitig am Vorder- und Hinterrad, und eine Satteltasche liegt noch auf dem Gepäckträger. In den Taschen sind ein Zelt, eine Isomatte und ein Schlafsack verstaut. Wasserfeste Kleidung ist wichtig und ein Trinksack. Eine Solarpaneele versorgt die elektronischen Geräte in der Pampa mit Sonnenenergie. Die geländegängigen Fahrräder sind wartungsarm und mit einer 14-Gang-Nabenschaltung ausgerüstet. Und wie viel kostet der ganze Spaß? Artan rechnet zwischen 7000 und 10 000 Euro. Allein die Fahrräder kosteten schon um die 3700 Euro.
Und wie schützen sich die Abenteurer vor Gefahren? Ein medizinisches Notfallset muss dabei sein. Und wie ist es mit fremden Gegenden und Menschen? „Tiere sind berechenbarer als Menschen“, meint Max. Ihr Verhalten könne man einschätzen. Und Artan ergänzt: „Wir hoffen, dass die Menschen uns mit genau so viel Respekt begegnen, wie wir es tun.“ Ansonsten haben sie aber Pfefferspray bei sich, für alle Fälle. Gegen zähnefletschende Kläffer nehmen sie noch Stöcke mit. Man kann ja nie wissen. Angst aber haben die beiden radelnden Weltenbummler nicht. „Angst blockiert nur. Man ist dann nicht mehr frei“, erklärt Artan. Und frei sein wollen die beiden auf ihrer Radtour rund um den Globus. Am vergangenen Sonnabend (19. August 2017) sind sie von Bremen aus aufgebrochen. Wann sie wieder zurückkommen? Wir werden sehen.