In Niedersachsen rastet man im Melkhus
Wenn man in Niedersachsen mit dem Fahrrad unterwegs ist, trifft man immer häufiger auf so genannte Melkhüs am Radwegesrand. Am Anfang war ich leicht verwirrt, inzwischen aber schwer begeistert! Bei den Melkhüs (korrekte Plural-Form) handelt es sich keinesfalls um Restaurants oder Cafés – es sind eigentlich nur Erfrischungs-Tankstellen, die aber insbesondere von Radlern gern und viel genutzt werden. Zumal sich das Angebot vornehmlich auf gesunde, frische und selbst produzierte Kuhmilchprodukte, wie Joghurt, Quark, Milch-Shakes und Eis beschränkt. Pommes kann man hier nicht erwarten! Der niederdeutsche Begriff ‚Melkhus‘ bedeutet übersetzt ‚Milchhaus‘. Man findet die kleinen grünen Holzhütten mit dem roten Dach zumeist auf oder in unmittelbarer Nähe von Bauernhöfen. Die Betreiber dieser Einrichtungen sind häufig Landfrauen, die versuchen, mit den Milchprodukten noch einen kleinen Nebenerwerb zu erzielen. So ist auch nicht immer ein Verkäufer anwesend. Manche Melkhüs stehen einfach offen, man kann sich am Kühlschrank bedienen und zahlt dann in die bereitstehende Spardose. Vertrauen zum Nächsten zählt hier auf dem Lande noch etwas und man sollte dieses Vertrauen auch nicht mißbrauchen! Bei anderen Melkhüs läutet man an einer Glocke und schon eilt die Bäuerin herbei.
Angefangen hatte alles im Jahr 2001 unweit der niederländischen Grenze, als ein erstes Melkhus entstand, um Radfahrern auf ihren Touren mit regionalen Milchprodukten zu stärken. Inzwischen gibt es rund 75 dieser Hüskes. Sie konzentrieren sich besonders auf die Wesermarsch und Butjadingen (am Weserradweg), das Elbe-Weser-Gebiet zwischen Bremen und Hamburg (Wümmeradweg, Radfernweg Hamburg-Bremen), das Rheiderland am Dollart sowie die Gegend um Bad Bentheim. Mittlerweile wurde der Begriff ‚Melkhus‘ rechtlich geschützt und die Betreiber müssen bestimmte Vorgaben erfüllen. Die Namen variieren aber auch je nach Region: im Ammerland heißen sie beispielsweise ‚Mölkstand‘, im Rheiderland ‚Melkhuske‘. Auch die niederdeutsche Sprache besitzt eine Vielzahl von unterschiedlichen Dialekten!
Im Allgemeinen sind die Melkhüs in der Radfahrersaison von April bis Ende September täglich zwischen 11 und 18 Uhr geöffnet. Meistens befinden sich Tische und Stühle vor dem Häuschen, damit der Radler in Ruhe seine Milch-Pause genießen kann, bevor es frisch gestärkt weitergeht!
Ich habe diese Einrichtungen schon mehrfach ‚gestürmt‘ und halte, wenn ich in dieser Gegend unterwegs bin, immer Ausschau nach einem Melkhus! Und ich bin gespannt, wie lange es noch dauern wird, bis sich diese Idee auch in Süd- oder Ostdeutschland durchsetzt.