Konflikt unter Radlern: Waldschlösschen-brücke in Dresden
Dresden ist eine ausgesprochen hübsche Stadt. Das imposante Panorama, das sich am Elbufer ergibt, stammt noch aus einer Zeit, als Deutschland aus einer unübersichtlichen Anzahl von Kleinstaaten bestand, und Sachsen neben Preußen und Bayern zu den größten dieser Länder gehörte. In Dresden besitzt man einen gewissen Stolz auf die eigene Geschichte als Landeshauptstadt. Die gesamte Innenstadt mit Residenzschloss, Hofkirche und Frauenkirche, Semperoper, Zwinger, Johanneum und Brühlschen Terrassen wurde von der UNESCO als Weltkulturerbe unter besonderen Schutz gestellt, bis – wir erinnern uns alle noch gut daran – es im Elbflorenz zum unsäglichen Streit um die Waldschlösschenbrücke kam. Diese Brücke sollte den Verkehr im Osten der Elbmetropole entlasten. Doch die einen meinten, dass beim Bau dieser Brücke der historische Gesamteindruck Dresdens maßgeblich zerstört werden würde und dass eine diesbezügliche Verkehrsentlastung überhaupt nicht nötig wäre. Die anderen entgegneten, dass dieser neue Verkehrsweg sehr wohl und unbedingt notwendig wäre, zumal Alternativstrecken bald wegfallen würden und man an einen zuvor abgehaltenen Bürgerentscheid gebunden wäre. Trotz aller Zwistigkeiten wurde 2007 mit dem Bau begonnen, 2009 war dann der UNESCO-Weltkulturerbe-Titel futsch! Im August 2013 wurde die Brücke schließlich eingeweiht und im Juli 2014 bin ich gemeinsam mit einem Freund auf dem Elberadweg unter dieser inzwischen berühmt gewordenen Brücke durchgeradelt.
Für mich als Ortsfremden ist dieser Konflikt natürlich kaum richtig einzuschätzen. Als wir nun durch das immer noch wunderschöne Dresdener Elbtal fuhren, setzten wir uns kurz auf eine Bank, um die Gegend auf uns wirken zu lassen. Fern im Hintergrund schimmerte die Silhouette Dresdens über der Waldschlösschenbrücke und ich sagte zu meinem Radkollegen: ‚Ich begreife das nicht! Das barocke Zentrum ist 2,5 Kilometer entfernt. So sehr stört diese Brücke mein Auge nicht. Eigentlich fügt sie sich doch relativ harmonisch in die Landschaft ein. Da finde ich diesen Stahlkoloss von ‚Blauem Wunder‘ doch viel hässlicher! Aber das ist ja eine historisch anerkannte Sehenswürdigkeit!‘ Da schaute mich mein Freund mit einer Mischung aus Entsetzen und tiefster Empörung an: ‚Wie bitte ?!? Dieser Betonklotz macht doch den landschaftlichen Eindruck völlig kaputt!! Die Brücke zerschneidet ein historisch gewachsenes, intaktes Bild! Nein, dieses Ungetüm geht gar nicht!‘
Da war er wieder: der Konflikt im Kleinen und ich beginne zu begreifen, warum sich die Gemüter damals so erhitzten. Die individuellen Empfindungen sind eben stark unterschiedlich – und das ist natürlich auch gut so! Jeder soll sich seine eigene Meinung bilden. Friedlich radelten wir dann weiter, dem unverbauten Elbsandsteingebirge entgegen…
Ich aber sage: Dresden ist immer noch eine sehr schöne Stadt. Vielleicht sollte man alles ein bisschen pragmatischer sehen: Mit der Waldschlösschenbrücke besitzt Dresden eine neue berühmte Sehenswürdigkeit!
2 Kommentare
Freybiker
Yupp… genau so schaut`s aus : )
Jens Friedrich
Genau so ist’s…. chillt ma‘ alle ä biss’l ; )