Sattelfest auf dem Drahtesel

Sattelfest auf dem Drahtesel

Das, was einige „verlängertes Rückrat“ oder vornehm „Sitzfläche“ nennen, ist für den Radfahrer von besonderer Bedeutung. Schließlich ist es jene Stelle, die beim Radeln – neben der Beinmuskulatur – am meisten  beansprucht wird. Nun ist die Natur schon immer außerordentlich freigiebig mit der Ausgestaltung des menschlichen Hinterteils umgegangen. Der Sitzknochenabstand ist individuell verschieden, mal weiter, mal enger. Da gibt es bürokratisch dürftige Sesselpupser und Breitärsche von den Ausmaßen belgischer Kaltblutpferde, es gibt zierliche Popöchen und stramme Hinterbacken, ausufernd runde „Negerärsche“ (Originalzitat: Michelle Obama) und verkümmerte Flachhintern. Dieser vielgestaltigen Po-Niederung steht aber nur eine begrenzte Anzahl an Fahrradsätteln zur Verfügung. Da kommt es schon mal zu Reibereien zwischen Damm-, Genitalbereich und Sattelform. Auf Dauer kann das sehr unangenehm werden und dem Radfahrer das Pedalvergnügen schmerzhaft vermiesen.

Welches sparsame Fahrrad-Sitzpolster ist nun aber Po-gerecht? Das wollte die Stiftung WARENTEST genauer wissen und ließ Radler zwischen 25 und 60 Jahren in den Sattel steigen und den Sitzkomfort beurteilen. Außerdem wurden die Kontaktflächen zwischen Po und Sattel elektronisch abgebildet. Das Ergebnis überraschte die Fachleute: „Nur ein einziger der Testpersonen radelte auf dem richtigen Polster.“ Nun wissen wir, warum Radfahren manchmal so beschwerlich oder gar schmerzhaft ist. Man sitzt sich den Wolf im Sattel, weil der Sattel nicht zu unserem Gesäß passt. Unsere Sitzknochen sind einfach zu breit oder zu schmal. Übrigens: Die Sitzknochen sind die beiden Höcker am Po, auf denen der Mensch sitzt, also das tragfähige Stützgestell unter den mehr oder weniger muskulösen Arschbacken.

Das wissen natürlich auch die Hersteller von Fahrradsätteln. Weil Frauen häufiger einen breiteren Sitzknochenabstand besitzen, haben sie breitere Frauen- und schmalere Männermodelle entworfen. Bevor Feministinnen hier gleich wutentbrannt aufheulen und den Sattlern Frauenfeindlichkeit unterstellen, muss zugestanden werden: So allgemein kann man das nun auch wieder nicht sagen. Schließlich gibt es auch Männer mit ausladender Rückfront und Frauen mit diät-ausgehungerter Sitzfläche. Grundsätzlich ist aber dennoch festzustellen, dass die Natur den weiblichen Achtersteven etwas ausladender entworfen hat.

Am besten wäre deshalb natürlich ein maßgeschneiderter Sattel. Aber wer kann sich den schon leisten? Die Tester von WARENTEST boten ihren P(r)obanden verschiedene Sättel an, die zurzeit auf dem Markt sind. Eine Sattelform entlastete dabei den Dammbereich und belastete den Po-Bereich. Daran gewöhnten sich die Radler ziemlich schnell. Im Angebot waren außerdem noch Gel-Polster, die die Gesäßhaut durchwalkten, und ein Sattel – „Brooks“ –, dessen harte Lederdecke nach einigen hundert Kilometern an den Druckstellen nachgab. Den Frauen gefielen am besten die „Comfort Line Wings“, eine Sattelkonstruktion, die aus zwei zueinander beweglichen Hälften besteht. Sie bewegen sich beim Strampeln mit den Oberschenkeln mit. Und die Radlerinnen berichteten übereinstimmend: „Der hat überhaupt nicht gedrückt!“

Wer sich sattelfest und bequem bei längeren Touren auf dem Drahtesel bewegen will, für den gilt allemal: „Augen auf beim Sattelkauf!“ Denn mancher hat schon sehr gelitten, der sich am Sattel wund geritten.

1 Kommentar

  • geschrieben 28. April 2014

    Radfahren macht Spass

    Habe auch einige Sattel „probe gesessen“, bis ich den Richtigen gefunden habe.

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