Wie man den Donaudurchbruch per Rad bewältigt
Ich bin unterwegs auf dem Donau-Radweg – dem deutschen Teil. Hier steckt der Strom – mit über 2.800 km immerhin der zweitgrößte Europas – noch in seinen Kinderschuhen. Durchgehend schiffbar ist der Fluss erst ab Kelheim, wo der Main-Donau-Kanal in die Donau mündet. Ich war mit meinem Rad fünf Tage zuvor in Donaueschingen gestartet. Hier befindet sich die Donauquelle. Und nur ein paar Kilometer weiter fließen die beiden Flüsschen Brigach und Breg zusammen, um fortan die Donau zu bilden. Warum es dann zusätzlich noch eine Donauquelle geben muss, von der man dann noch nicht einmal den Abfluss verfolgen kann (denn der verläuft unterirdisch durch Rohre), hatte sich mir nicht erschlossen. Konnte mir auch niemand schlüssig erklären – aber sei’s drum: hier beginnt die Donau und damit auch der Donau-Radweg.
Nun aber habe ich es bis Weltenburg geschafft – sechs Kilometer vor Kelheim. Hier teilt sich der Donau-Radweg in eine nördliche und eine südliche Wegführung: die nördliche Route führt am berühmten Kloster Weltenburg vorbei. Kurz darauf steigt man auf ein Schiff, um die überwältigende Landschaft des Donaudurchbruches zu durchfahren. Die Felsen ragen direkt aus der Donau rund hundert Meter in die Höhe. An der schmalsten Stelle ist der Fluss hier gerade einmal 80 Meter breit, dafür aber auch ungewöhnlich tief. Die bizarre, wilde und kurvenreiche Flusslandschaft regte die Phantasie der Menschen schon in grauer Vorzeit an: viele Mythen und Sagen entstanden rund um die schroffen Felsen hoch über dem Fluss. Bereits im frühen 19. Jahrhundert wurde die Weltenburger Enge zum Naturschutzgebiet erklärt. Nur insgesamt fünf Schiffen ist hier das Fahren mit Passagieren erlaubt und auch die Anzahl der Fahrten ist streng begrenzt. Der Donaudurchbruch gilt neben dem Oberen Donautal als der schönste Abschnitt der deutschen Donau – eine absolute Sehenswürdigkeit.
Die zweite, südliche Route des Donau-Radweges führt über die Höhen des Arzberges und des Eichberges hinweg. Mein Radreiseführer rät von dieser Strecke ab. Sie wäre anfangs viel befahren und anschließend sehr steil und unbefestigt.
So muss ich mich entscheiden. Es siegt mein Stolz, der mir einredet: ‚Ich möchte die gesamte Strecke mit eigener Kraft gefahren sein! Abkürzungen mit dem Schiff gibt es nicht! Nicht für mich!‘ Dann also los, die vielbefahrene Strecke ist auch zu Beginn schon ziemlich steil, biegt dann aber auf einen unbefestigten Waldweg ab. Und der ist dann richtig steil – eher etwas für Mountainbike-Fahrer. Meine 20 kg Gepäck sorgen dafür, dass bei der Steigung das Vorderrad abhebt und somit das Lenken unmöglich ist. Schon rein technisch ist eine Weiterfahrt nicht mehr möglich. Eine sehr gute Ausrede zum Schieben! Das aber ist nicht viel unbeschwerlicher als das Fahren – zumal bei der heutigen, nahezu unerträglichen Mittagssommerhitze. Das Thermometer zeigt weit über 30° Celsius. Glücklicherweise gibt es hier viel Streuschatten. Mit letzter Kraft wuchte ich meinen Drahtesel den Anstieg hinauf und rolle danach schweißgebadet mit rasendem Puls über die ungezählten Wurzeln und Furchen des unplanen Weges – zum Leidwesen meines geplagten Hinterns, der bis dahin schon über 400 km tapfer auf dem Sattel ertragen hatte. Nur zwei Kilometer weiter sollte es genauso steil wieder hinunter gehen! ‚Radfahrer absteigen – gefährliche Wegstrecke!‘ stand dort warnend geschrieben. ‚Pah‘, denke ich, ‚das wird schon gehen – OH! – – – OH HA!‘ Hier war es wirklich extrem steil, die Oberfläche des Radweges bestand aus rutschigem Kies und besaß tiefe Furchen und Löcher. Nee, hier ist es tatsächlich sehr viel vernünftiger zu Schieben. Und so dauerte die eigentlich nur sechs Kilometer kurze Strecke verdammt lange! Doch schließlich kam ich doch in Kelheim an – ohne jedoch den berühmten Donaudurchbruch gesehen zu haben. Da das bei einer Donautour aber auch nicht geht, verschloss ich mein treues Vehikel in einer der Fahrradboxen am Anlegesteg und belohnte mich mit einer Schifffahrt nach Weltenburg und zurück! Und diese habe ich dann auch sehr genossen!
Zusammenfassend möchte ich meinem Radreiseführer Recht geben. Wenn man seinen Stolz und seinen Ehrgeiz im Griff hat, sollte man die Schiffsvariante wählen. Denn diese ist weder schweißtreibend noch gefährlich – dafür aber wunderschön!