Klassisch durch das Liebliche Taubertal
Bereits seit 1980 gibt es den Taubertalradweg, heute offiziell als ‚Liebliches Taubertal – Der Klassiker‘ bezeichnet. Denn der Radweg ‚Liebliches Taubertal‘ besteht heute aus einem ganzen Paket von Routen. Neben dem Klassiker gibt es noch den ‚Sportiven‘, der über die Höhen von Tauberfranken führt sowie mehreren kleineren Erlebnisrouten, die man als Abstecher von den beiden Hauptrouten nutzen kann. Der ‚Klassiker‘ und der ‚Sportive‘ bilden zusammen eine 260 Kilometer lange abwechslungsreiche Radschleife.
Der ‚Klassiker‘ besitzt seinen Namen zu Recht, denn die ziemlich genau 100 Kilometer lange Radroute gehört zu den beliebtesten Radwanderwegen Deutschlands. Zur Zeit seiner Eröffnung gehörte er zu den ersten Fernradwegen überhaupt. Im Jahre 2009 wurde er vom ADFC als zweiter Radweg nach dem Mainradweg als Qualitätsradweg mit fünf Sternen ausgezeichnet. Heute gilt das ‚Liebliche Taubertal – Der Klassiker‘ zu den schönsten, beliebtesten und meist befahrensten deutschen Radwegen. Die Charakteristik unterscheidet sich vom ‚Sportiven‘ allerdings enorm. Während auf diesem teils enorme Steigungen zu überwinden sind, besticht der ‚Klassiker‘ durch seine reizvolle und beschauliche Landschaft und folgt in seiner ganzen Länge dem Tal der Tauber. Das soll aber nicht heißen, dass der ‚Klassiker‘ immer nur flach ist. Auch hier gibt es einige recht steile Abschnitte, die allerdings nicht entfernt an die langgestreckten Rampen des ‚Sportiven‘ herankommen. Auch für Familien mit Kindern ist der gut ausgeschilderte Radweg durchaus geeignet. Die Wegebeschaffenheit ist als sehr gut zu bezeichnen. Fast immer werden asphaltierte und weitgehend autofreie Strecken befahren. Nur bei den Ortspassagen muss mit mehr Verkehr gerechnet werden.
Der ‚Klassiker‘ verbindet auf seiner Route Rothenburg ob der Tauber mit Wertheim an der Mündung der Tauber in den Main. Obwohl er in Bayern startet, führt er fast die ganze Zeit durch den zu Baden-Württemberg zählenden Main-Tauber-Kreis.
Die ehemalige Reichstadt Rothenburg ob der Tauber ist eine pulsierende Touristenmetropole. Hier am Startort der Tour prägen Japaner und Amerikaner das mittelalterliche Stadtbild. Im Café bin ich überrascht, auf Deutsch angesprochen zu werden. Sechs Stadttore, eine Vielzahl von Türmen, alten Fachwerkhäusern und Kirchen sowie eine über 3000 m lange Stadtmauer sind noch gut erhaltene Relikte aus einer längst vergangenen Zeit. Das Fahren auf dem Kopfsteinpflaster Rothenburgs ist zwar mit dem Fahrrad erlaubt, aber bei diesen Menschenmassen nicht immer sinnvoll und ratsam.
Durch das Kobolzeller Tor geht es steil hinunter bis zur Tauber. Die Menschenmassen sind plötzlich verschwunden und es geht von nun an am idyllisch und gemächlich dahinfließenden Fluss entlang durch das Tal. Ausgedehnte Waldgebiete, sanfte Hänge mit Wein- und Obstanbau und historisch gewachsene schmucke Fachwerkdörfer prägen die bezaubernde fränkische Hügellandschaft.
Zwischendurch gibt es aber immer wieder kulturhistorisch bedeutende Orte zu entdecken.
Creglingen wurde bereits im 14. Jahrhundert durch Kaiser Karl IV. das Stadtrecht verliehen. Von der mittelalterlichen Stadtmauer sind nur noch Reste sowie drei Türme erhalten. Mehrere Museen, das Kulturzentrum Romschlösschen und die Herrgottskirche im Herrgottstal mit seinem berühmten Marienaltar von Tilman Riemenschneider (1505-10) lohnen einen kleinen Abstecher.
Auch Röttingen besitzt eine wunderschöne Altstadt. Der Marktplatz wird beherrscht durch das barocke Rathaus, das von einer Reihe schmucker Fachwerkhäuser flankiert wird. Der Hof der mittelalterlichen Burg Brattenstein bildet die historische Kulisse für ein in der Region sehr bedeutsames Freilufttheater. Weitere Sehenswürdigkeiten im Stadtzentrum sind die spätromanische St. Kilianskirche, der Julius-Echter-Stift, die St. Georgskapelle (15. Jhd.) und der früher zum Deutschen Orden gehörende Hohe Bau (13. Jhd.).
Das Renaissance-Schloss Weikersheim mit seinem großen barocken Schlosspark ist ein echtes Highlight auf der Tour. Der Prachtbau gilt als eines der schönsten Schlösser in Hohenlohe und wurde seit seiner endgültigen Fertigstellung zu Beginn des 18. Jahrhunderts kaum mehr verändert. Die noch immer original ausgestattete barocke Innenausstattung mit den Wohngemächern aus dem 17. und 18. Jahrhundert ist heute als Schlossmuseum zugänglich. Der ausgedehnte Schlosspark wurde nach dem Vorbild des Schlosses Versailles bei Paris angelegt und gestaltet. Der Eingang zum Schloss befindet sich direkt am historischen Markplatz, an dem sich neben dem Rathaus und der Stadtkirche auch das Tauberländer Dorfmuseum befindet.
Nur wenige Kilometer entfernt liegt die Kurstadt Bad Mergentheim mit seiner beeindruckenden historischen Altstadt. Hier ist ein Besuch des Deutschordenschloss mit dem Museum, der Schlosskirche und dem weitläufigen Schlosspark ein Muss. Daneben lädt der Marktplatz mit seinem alten Rathaus und einem Ensemble von Fachwerkhäusern aus der Zeit um 1500 zu einer Rast ein. Unbedingt sehenswert sind aber auch das Münster St. Johannes, dessen Museum auch den Münsterschatz umfasst, die Marienkirche aus dem 14. Jahrhundert und die St. Martinskirche.
Der Rad-Klassiker entlang des Taubertales führt uns nun durch Königshofen mit seiner spätklassizistischen St. Mauritiuskirche und Lauda mit seiner historischen Altstadt und der Franziskus- und Mariengrotte an der St. Jakobuskirche. Bemerkenswert ist auch die gotische Tauberbrücke mit der Nepomukstatue. Die alte Steinbrücke wurde 1512 fertig gestellt und befindet sich direkt am Radfernweg ‚Liebliches Taubertal – Der Klassiker‘.
Die Stadt Tauberbischofsheim ist Sitz des berühmten Fechtsportleistungszentrums. Auch hier gibt es eine historische Altstadt mit vielen schmucken Fachwerkhäusern zu bewundern. Am Marktplatz befindet sich das neugotische Rathaus und am südwestlichen Innenstadtrand steht das Kurmainzische Schloss, das im Kern noch aus dem 13. Jahrhundert stammt und sein heutiges Erscheinungsbild im 16. Jahrhundert erhielt. Heute beherbergt das Schloss das Tauberfränkische Landschaftsmuseum.
Weitere kulturhistorisch bedeutende Bauwerke auf unserem Weg zum Main sind die Burg Gamburg aus dem 12. Jahrhundert und das Kloster Bronnbach mit seinem beeindruckenden Kreuzgang aus dem 13. Jahrhundert.
Die Radreise endet, wie auch der Lauf der Tauber, in Wertheim. Hier mündet der Fluss in den Main. Wertheim liegt am Fuße einer einst mächtigen Burganlage aus dem 12. Jahrhundert, von der heute noch eine zu besichtigende Ruine erhalten ist. Wahrscheinlich entstand hier bereits im 8. Jahrhundert eine erste Siedlung. Von der mittelalterlichen Stadtbefestigung sind noch einige Relikte erhalten, wie das Kittsteintor, der Kittsteinturm und der Spitze Turm. Und der historische Marktplatz mit seinen schmucken Fachwerkhäusern lädt zu einem zünftigen Radtour-Abschlussessen ein.
1 Kommentar
Jakob Weber
Eine wirklich tolle Radelstrecke. Ein wirklicher Klassiker!