Durch das „Weite Land“ des Teufelsmoores
Eine einzigartige naturbelassene Landschaft bietet das Teufelsmoor nördlich von Bremen. Noch bis vor wenigen Jahrhunderten war diese düstere Moorgegend menschenfeindlich und unbewohnbar. Erst allmählich entwickelten sich einzelne Gehöfte zu kleineren Siedlungen. „Den eersten sien Dot, den tweeten sien Not, den drütten sien Brot“ ist hier ein geläufiges Sprichwort. Es besagt, dass es höchst beschwerlich war und sehr lange dauerte, bis der hiesige Ackerboden seinen Bauern ernährte. Heute versprüht diese Gegend einen ganz anderen Reiz. Auf 150 Kilometern Länge führt der Radwanderweg Weites Land durch das Kulturland Teufelsmoor, über Geestrücken und Marschland. Beginnend in der pulsierenden Großstadt Bremen, führt die Route mit dem Birkenlogo schon bald über überwiegend autofreie Wege und Nebenstraßen hinaus ins Grüne. Inmitten von geschützten Überschwemmungs- und Feuchtgebieten liegen idyllische und sehenswerte Moordörfer, die Künsterkolonien Worpswede und Fischerhude laden zum Galerie- oder Museumsbesuch ein. Die Streckenführung, die die Touristikagentur Teufelsmoor-Worpswede-Unterweser e.V. entworfen hat, führt, ist flach und eben und somit sehr familienfreundlich.
Bremen, die Hafen- und Handelsmetropole an der Weser besitzt ein gemütliches und maritimes, aber auch historisches Flair. Das Streben nach Freiheit und Selbstständigkeit war schon immer ein herausragendes Attribut der Freien Hansestadt, deren Leitspruch ‚Buten un binnen – wagen und winnen’ (Draußen und drinnen – wagen und gewinnen) über dem Portal des Schüttings, dem ehemaligen Gildehaus der Bremer Kaufmannschaft prangt. Der mittelalterliche Marktplatz, zu dem auch der Schütting gehört, gilt als einer der Schönsten in Deutschland. Neben dem St. Petri-Dom ist das historische Rathaus aus dem 15. Jahrhundert mit seiner prächtigen Weserrenaissancefassade eine herausragende Sehenswürdigkeit. Zusammen mit der davor stehenden Rolandstatue wurde das Rathaus in den Kanon des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Der Roland ist nicht nur ein Wahrzeichen Bremens, er symbolisiert auch Recht und Freiheit für die Stadt. Das andere Wahrzeichen der Stadt, die bronzene Statue der Bremer Stadtmusikanten von Gerhard Marcks, steht in unmittelbarer Nähe neben dem Rathaus. Ein Rundgang durch Bremen wäre allerdings unvollständig ohne einen Bummel durch das verwinkelte und verträumte Schnoorviertel mit seinen Häusern aus dem 15. und 16. Jahrhundert, sowie die Böttcherstraße mit seiner expressionistischen Backsteinarchitektur. Auch ein Spaziergang auf der Schlachte, ehemals Stadthafen und heutige Weserpromenade und Flaniermeile, gehört zu einem Besuch. Darüber hinaus bietet Bremen auch einige musealische Höhepunkte. Die Kunsthalle Bremen besitzt eine der bedeutendsten Gemälde- und Skulpturensammlungen Deutschland, das Neue Museum Weserburg gilt als herausragende Präsentationsstätte für zeitgenössische Kunst und auch das Paula-Modersohn-Becker Museum und das Gerhard-Marcks-Haus lohnen eine Besichtigung. Mit dem Übersee-Museum besitzt Bremen eines der bedeutendsten Völkerkundemuseen und das Focke-Museum präsentiert interessante Bremensien.
Vom Zentrum Bremens aus führt der Radweg in nordöstlicher Richtung am Bürgerpark vorbei an die Wümme. Und hier ist man bereits weit draußen in der flachen, beschaulichen Moorlandschaft. Bald schon vereint sich die Wümme mit der Hamme zur Lesum, die nach nur wenigen Kilometern bei Vegesack in die Weser mündet.
Vegesack kann als erster künstlicher Flusshafens Deutschland auf eine relativ kurze, aber sehr bewegte Geschichte zurückblicken. An der Mündung von Lesum und Schönebecker Aue in die Weser wurde bereits im 14. Jahrhundert eine Fähre betrieben. Eine kleine Siedlung ist erst Ende des 16. Jahrhunderts nachweisbar. Der Hafen wurde zwischen den Jahren 1618 und 1623 erbaut und dient heute als Museumshafen. Von Vegesack aus stachen die deutschen Walfänger in See in Richtung Grönländisches Eismeer. Eine Walkieferskulptur vor dem Hafenhaus erinnert an diese Zeit. Hier wurde das erste in Deutschland gebaute Dampfschiff, die Weser, vom Stapel gelassen, hier war Anfang des letzten Jahrhunderts noch der Heimathafen der größten Heringsflotte in Europa. Und hier wurden noch bis 1997 auf der Großwerft ‚Bremer Vulkan’ stählernde Ozeanriesen gebaut und zu Wasser gelassen.
Jetzt geht’s in die Bremer Schweiz, eine für norddeutsche Verhältnisse wahrlich hüglige Gegend! Über Ritterhude und die Kreisstadt Osterholz-Scharmbeck, einer ehemaligen Tuchmachersiedlung, führt die Strecke dann ins platte und baumlose Teufelsmoor. Schnurgerade Wege führen durch diese skurrile Gegend, bis man nach Worpswede gelangt.
Obwohl Worpswede mitten im Teufelsmoor liegt, befindet sich die Ansiedelung selber auf einem Geesthügel, dem Weyerberg, der schon von weiter Ferne zu sehen ist. Noch Ende des 19. Jahrhunderts war Worpswede ein düsteres, unwirkliches Moordorf, in dem nur wenige Torfbauern einer schweren und mühseligen Arbeit nachgingen. Das änderte sich, als einige Künstler das Dorf den Reiz dieser Atmosphäre entdeckten. Sie ließen sich hier nieder und gründeten die Künstlerkolonie Worpswede. Otto Modersohn, Heinrich Vogler, Fritz Mackensen, Fritz Overbeck, Hans am Ende und natürlich Paula Modersohn-Becker waren die Künstler der ersten Generation, ihre Namen sind in Worpswede allgegenwärtig. Auch heute leben hier noch viele Maler und Bildhauer. Das inzwischen weltberühmte Dorf wird geprägt durch Museen, Galerien und Ateliers. Als Naherholungsgebiet lädt es zum Spazierengehen, Wandern und Bummeln, aber auch zu Kanu- oder Torfkahnfahrten auf der Hamme, ein.
Die Wegstrecke führt nun weiter durch das Moor über Tarmstedt und Grasberg nach Lilienthal. Hier hat man die Möglichkeit, direkt nach Bremen abzukürzen, oder aber eine Schleife über ein weiteres bekanntes Künstlerdorf – Fischerhude – zu fahren.
Im Jahre 1908 hatten sich zunächst die Maler Heinrich Breling und Wilhelm Heinrich Rohmeyer in Fischerhude niedergelassen, es folgten Otto Modersohn, Hans Buch, Clara Rilke-Westhoff sowie ihr Bruder, Helmuth Westhoff, der Komponist Karl Gerstberger und der Schriftsteller Diedrich Speckmann. 1921 wurde die erste Galerie eröffnet, heute lohnt sich für den Kunstinteressierten der Besuch im Otto-Modersohn-Museum oder im Buthmanns Hof.
Über die weiten, flachen und feuchten Felder der Wümmewiesen in Borgfeld, die das größte Naturschutzgebiet Bremens darstellen – ein Rückzugsraum für zahlreiche Vogelarten – geht es zurück nach Bremen zum Ausgangspunkt der Radreise.
Wer weitergehende Informationen über die Sehenswürdigkeiten am Rande des Radweges haben möchte, der sei eingeladen, auf unserer Routenseite ‚Weites Land‘ zu stöbern. Neben dem GPS-Track, der auch die Alternativ- und Verbindungsrouten beinhaltet, sind auch die wesentlichen Sehenswürdigkeiten als Downloads zu erhalten.