Fußball gegen Radfahren
Oder: auf der Suche nach Gemeinsamkeiten
Die Fußball-Saison neigt sich langsam dem Ende zu, die Radfahrer-Saison fängt jetzt erst gemächlich an. So wollen wir heute eine Radroute vorzustellen, die beide Freizeitaktivitäten miteinander verbindet: die Deutsche Fußballroute NRW.
An diesem Radfernweg scheiden sich die Geister! Wo ist die gemeinsame Schnittmenge von Radwandern und Fußball-Schauen? Wozu eine Radroute, die Fußball-Stadien miteinander verbindet? Mario Barth und Dieter Nuhr kritisierten bereits 2014 diese Radroute als Verschwendung von Steuergeldern, da die Einrichtung eines solchen Themenradweg völlig unnütz wäre und die Route auch kaum befahren würde. Als passionierter Radwanderer muss ich gestehen, durchaus fußballinteressiert zu sein. Aber mein letzter Besuch in einem Stadion liegt schon viele, viele Jahre zurück. Da schwinge ich mich tatsächlich lieber auf den Sattel meines Drahtesels und fahre eine Runde durch die Natur – aber nicht zum Fußballspiel. Was halte ich also von dieser Radstrecke? Nun ja, ich möchte es diplomatisch ausdrücken: ich freue mich über jede Radwanderstrecke, auf der man Interessantes und Neues sehen kann. Warum also nicht einmal mit dem Fahrrad auf eine fußballerische Entdeckungsreise quer durch das Land NRW gehen? Und Nordrhein-Westfalen ist ja nun sehr fußball-affin – das Pölen (sprich: kicken) gehört hier quasi zur Kultur. Und der Besuch im Stadion auch. Fußball ist hier Lebensgefühl. Die sorgsam gepflegte Rivalität zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 nimmt im Ruhrpott schon fast religiöse Züge an, die gegenseitige Verachtung der Fans vom 1. FC Köln und Bayer Leverkusen kennt nahezu keine Grenzen!
Trotz alledem versuche ich, bei der Streckenbeschreibung der 825 km langen ‚Deutschen Fußballroute NRW‘ weitgehend sachlich zu bleiben, schließlich geht es um eine Tour, die die landschaftliche und städtebauliche Vielfältigkeit des Landes zwischen Eifel, Rheinland, Ruhrgebiet und Münsterland erfahren lassen möchte. Abseits der Schmähgesänge, des Jubels und der Depression in den Kampfarenen der Moderne wird es ruhig, gemächlich und beschaulich. Die 15 Fußball-Kultstätten der aktuellen und ehemaligen Bundesliga-Teams sind hier nur die Ankerpunkte auf einer Reise quer durch das Bundesland, die vom ADFC als Qualitätsroute mit vier Sternen ausgezeichnet wurde. Die taktische Beschilderung der 2010 eröffneten Strecke zeigt ein Fahrrad mit Fußbällen als Räder vor einem gelben Hintergrund.
Der Anstoß des Radfernweges erfolgt am Tivoli, der Spielstätte der Alemania Aachen, dann wird kurz die nördliche Eifel abgetastet, ehe es mit einem stürmischen Angriff durch den Rhein-Erft Kreis zum einst Müngersdorfer Stadion genannten Spielort dea 1. FC Köln geht (bitte seht es mir nach, dass ich die durch Sponsorenverträge ständig wechselnden Stadion-Namen nicht auf dem Laufenden halte). Eine Flanke über den Rhein bringt uns zur BayArena von Bayer Leverkusen, doch ein Doppelpass führt uns zurück auf die linke Rheinseite nach Mönchengladbach zum Borussia-Park. Durch den Rückraum des Niederrheins geht es nach Krefeld, wo einst Bayer 05 Uerdingen in der Grotenburg-Kampfbahn ums Überleben in der Bundesliga rang. Ein Rückpass über den Rhein bringt den Fußballradler am Messegelände an der Arena von Fortuna Düsseldorf vorbei, ein weiter Querpass führt dann zum Stadion am Zoo, wo der Wuppertaler SV in den 1970er Jahren sein kurzes Gastspiel in der 1. Liga gab. Nach einer Schuss-Fahrt aus dem Bergischen geht es nun entlang der Seitenlinie der Ruhr bis zum Wedaustadion des MSV Duisburg. Hier beginnt das Mittelfeldgeplänkel im Ruhrgebiet: das Rad läuft über das Stadion Niederrhein, wo Rot-Weiß Oberhausen spielt, zwischen dem alten Parkstadion von Schalke 04 und der Arena auf Schalke hindurch zum Ruhrstadion des einst unabsteigbaren VfL Bochum bis hin zum ehemaligen Westfalenstadion der Borussia aus Dortmund, oder wie ihr Stadion-Park momentan gerade heißen mag. Das 2015 eröffnete Deutsche Fußballmuseum in Dortmund ist ein Hauptankerpunkt auf der Strecke, wo der fußballinteressierte Radler eine Halbzeit-Pause machen sollte.
Ein weiter Abschlag nach Norden führt uns durch das Tor zum Münsterland und zum Preußenstadion vom SC Preußen Münster, einst Gründungsmitglied der Bundesliga. Nun gerät die Route am Teutoburger Wald fast ins Abseits und verlässt sogar die Außenlinie Nordrhein-Westfalens kurzzeitig nach Niedersachsen, ehe auf der Bielefelder Alm, der Spielstätte der DSC Arminia und größtem Stadion Ostwestfalens, der Abpfiff ertönt.
Übrigens: Wem das Radfahren zu sportlich ist, dem sei gesagt, dass sich auch eine beschilderte Auto-Route in Vorbereitung befindet.