Sportiv durch das Liebliche Taubertal
Seit dem Jahr 2002 besitzt der Radfernweg ‚Liebliches Taubertal‘ neben der ursprünglichen Strecke einen mit ungefähr 160 Kilometern etwas längeren Gegenpart. Auch er verbindet die Städte Rothenburg ob der Tauber und Wertheim, führt aber etwas südlich über das hüglige Bergland Tauberfrankens. So bietet es sich an, die Route als Rundkurs zu befahren. Die Strecke ist jedoch, dem Namen entsprechend, recht anspruchsvoll. Vielen anderen Radwanderern bin ich auf der Strecke nicht begegnet. Die meisten fahren lieber den gemütlicheren ‚Klassiker‘ an dem Flüsschen Tauber, das man auf dem ‚Sportiven‘ nur an den Endpunkten sieht.
Der sportliche Teil des ‚Lieblichen Taubertals‘ begann für mich in Wertheim ganz harmlos. 25 Kilometer entlang des Mains ohne wirklich nennenswerte Steigungen. Viele Radler waren unterwegs, die den Main-Radweg befuhren. Bei Mondfeld wird nach einer kurzen Fährfahrt auf die nördliche Seite des Flusses gewechselt, die man nun bis Freudenberg beibehält. Das beschauliche Freudenberg besitzt die Überreste einer mächtigen Burganlage oberhalb des Maines, den ich nun bergauf verließ. Es folgte der heftigste Anstieg der Tour auf den über 400m hohen Ziegelberg. Eine recht gut befestigte Schotterpiste führt in Serpentinen durch einen dichten Wald stetig und ziemlich steil nach oben, bis man am Dürrhof einen grandiosen Ausblick über das fränkische Bergland genießen kann. Die Radreise führt nun durch das hüglige Gelände, vorbei an verwinkelten und verträumt wirkenden Fachwerkdörfern mit ihren historischen und immer wieder sehenswerten Dorfkirchen. Die Vielzahl der Bildstöcke zeigt an, dass man sich in einer erz-katholischen Gegend befindet. Immer wieder belohnen großartige Ausblicke für die Mühsal der qualvollen Aufstiege.
Die wenigen Städte auf der Route sind allesamt Kleinode, die zwar eine historische gewachsene städtische Charakteristik besitzen, aber so gar nichts vom pulsierenden Großstadtflair der Metropolen haben. Külsheim gehört beispielsweise mit seiner kleinen Einkaufszone dazu. Das Städtchen besitzt oben auf dem Berg ein Schloss und die stattliche Anzahl von 18 Brunnen, die teilweise noch aus dem 15. Jahrhundert stammen und die auf die besondere geologische Schichtung unterhalb von Külsheim zurückgehen.
In Königheim führen viele Brücken über den Brehmbach. Deswegen wird der Ort auch Klein-Venedig genannt. Sehenswert ist die Barockkirche aus dem 18. Jahrhundert.
Aus der Region Boxberg stammt der bekannte Bocksbeutel als Weinflasche. Hier steht der Dom des Frankenlandes, von der Schlossburg ist allerdings nur noch eine Ruine erhalten.
Die prächtige Alte St. Kilians Kirche in Assamstadt dient seit den 1970er Jahren nur noch als Gemeindezentrum.
In der Pfarrkirche Stuppach hängt ein besonderes und bemerkenswertes Gemälde. Die Madonna von Grünewald (1470 – 1529) gehört zu den berühmtesten Marienbildern der Kunstgeschichte. Das Anfang des 16. Jahrhunderts entstandene Werk verblüfft noch heute durch seine virtuose farbliche Strahlkraft, die in anderen Werken aus dieser Zeit kaum erreicht wird.
Niederstetten ist ein schmuckes Städtchen im Vorbachtal. Erstmals im 8. Jahrhundert urkundlich erwähnt, stehen hier noch heute mehrere Wachtürme der mittelalterlichen Stadtbefestigung. In der Altstadt haben sich noch eine Vielzahl alter Fachwerkhäuser erhalten. Oben über der Stadt thront das Schloss Haltenbergstetten, das ein Jagdmuseum beherbergt. Ein anderes Museum widmet sich dem Leben eines Sohnes der Stadt. Der Luftschifffahrer Albert Sammt (1889 – 1982) war bei der ersten Atlantiküberquerung eines Zeppelins dabei. Das Unglück der ‚Hindenburg‘ bei Lakehurst überlebte er als Erster Offizier nur knapp. Danach wurde er Kommandant auf der LZ 130 ‚Graf Zeppelin‘.
Fast alle größeren Orte auf der Strecke befinden sich in Talsenken, nahe am Wasser. Das wiederum bedeutet für uns Radfahrer, dass Ortseinfahrten meist nach steilen Abfahrten erfolgen, und dass es nach der Durchfahrt wieder heftig bergauf geht. Nach meinen beiden Übernachtungen in Kühlsheim und Niederstetten war ich am Morgen bereits nach wenigen Kilometern wieder völlig abgekämpft und durchgeschwitzt!
Rothenburg ob der Tauber bildet hier eine Ausnahme. Die Stadt liegt auf dem oberen Rand des Taubertales und ist mit seinen vielen Türmen schon von weitem auszumachen. Bevor man die 160 Kilometer des Radwanderweges vollendet hat, muss man also noch einen letzten sportiven Aufstieg hoch zu der von Touristen bevölkerten Stadt meistern.