Wichtiges Gerichtsurteil für die Rechte der Radler
Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Gießen wurden jetzt die Rechte von Radfahrern erheblich gestärkt. Das Gericht entschied, dass Radfahrer grundsätzlich die Fahrbahn nutzen dürfen, auch wenn es einen ausgewiesenen Radweg gibt. Nur im Ausnahmefall dürfen die Kommunen Radwege mit blauen Radfahrschildern als benutzungspflichtig kennzeichnen. Dann müssen diese aber auch den aktuellen Straßenbaurichtlinien ‚Empfehlungen für Radverkehrsanlagen‘‘ (ERA) entsprechen (AZ: 6K268/12.GI). Gerade das aber ist in vielen Städten und Gemeinden nicht gewährleistet. In Hessen beispielsweise wurden diese Vorschriften bislang fast gänzlich ignoriert und alle Radwege der Einfachheit halber als benutzungspflichtig (mit dem blauen Radwegeschild) gekennzeichnet. Das Verwaltungsgericht Gießen stufte diese Handhabung jedoch jetzt als rechtswidrig ein. Nach der Straßenverkehrsordnung StVO soll das Befahren der Fahrbahn durch Radfahrer der Regelfall und das Einrichten von benutzungspflichtigen Radwegen nur die Ausnahme sein – diese Regelung ist aber bis heute relativ wenig bekannt! Hintergrund ist dabei ein nicht zu unterschätzender Sicherheitsaspekt, denn häufig werden Radler auf baulich getrennten Radwegen übersehen – und Radfahrer haben leider keine Knautschzone! Zudem erkennen auch Fußgänger häufig den Radweg als solchen nicht. In der Folge kommt es zu schnell zu Konfliktsituationen zwischen Radfahrern und Fußgängern. Mehrere Studien zu Unfällen mit Radfahrern belegen, dass Radler auf Radwegen einem erheblich größeren Risiko ausgesetzt sind, als wenn sie die Fahrbahn benutzen würden. Autofahrern mag diese Tatsache ein Dorn im Auge sein, aber hier gilt es, den Bedürfnissen aller Verkehrsteilnehmer nachzukommen.
Im vorliegenden Fall hatte die Stadt Gießen die Benutzungspflicht für Radfahrer auf einem gemeinsamen Fuß- und Radweg mit der Begründung angeordnet, die Verkehrsdichte auf der Fahrbahn der Bundesstraße 49 wäre zu hoch. Die Richter urteilten jedoch, dass die Stadt beim Bau des erst 2010 entstandenen Fuß- und Radweges mehreren Richtlinien der ERA nicht nachgekommen sei. So sei er beispielsweise mit seinen 2,50 Meter auch viel zu schmal.
Von Seiten des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs wurde dieses Urteil begrüßt. Dr. Jan Fleischhauer, Vorstandsbeauftragter für Verkehrspolitik des ADFC Hessen meinte zur Urteilsbegründung: „Wenn Städte und Gemeinden in Zukunft erreichen wollen, dass Radfahrer nicht auf der Fahrbahn fahren, geht das nicht durch Aufstellen von blauen Schildern, sondern nur mit Radwegen, auf denen man mit dem Rad sicher, zügig und komfortabel vorankommt!“