Noch einmal Kunst: die Kunstroute Schöppingen
Den GPS-Track zur Route gibt es hier.
Es ist Oktober geworden. Die Tage werden merklich kürzer und die Sonne hat ihre sommerliche Kraft verloren. Die Hochnebelfelder lösen sich nur zögerlich auf. Erst am späten Vormittag zeigen sich die ersten blauen Stellen in der Wolkendecke und die ersten Sonnenstrahlen stoßen durch das trübe Grau. Dann wird es doch noch ein schöner goldener Oktobertag, an dem die Temperaturen noch einmal an der 20°-Marke kratzen. Genau das richtige Wetter zum Radfahren! Also hinaus in die Nähe! Eine Tour wollte ich in diesem Jahr noch fahren: die Kunst Route Schöppingen im nördlichen Münsterland. Diese hatte ich entdeckt, als ich im letzten Monat die Vechtetalroute fuhr. Zweimal kreuzten sich die Radwege. Weiter im Norden läuft der Vechtetalradweg parallel zur ‚kunstwegen‘-Radtour. Auch dort waren viele hochinteressante Skulpturen zu sehen. Die Schöppinger Kunst Route ist ein von der ‚kunstrouten‘ unabhängiger Rundkurs von ungefähr 30 Kilometern.
Moderne Kunst steht hier in Schöppingen neben Jahrhunderte alter Architektur. Das alte Rathaus, ein Renaissancebau von 1583 und die St. Brictiuskirche, deren Gründung auf Karl den Großen zurückgeht, sind unbedingt sehenswert. Und hier werden auch einige interessante moderne Kunstobjekte bewahrt – allein die Namen der Künstler sagten mir überhaupt nichts. Ach doch, mit Timm Ulrichs gibt es doch einen bekannten Namen – der fiel mir zuvor auf der ‚kunstrouten‘-Strecke auf. Aber ich muss zugeben: davor hatte ich auch von ihm noch nie gehört. Teilweise fragt man sich allerdings bei den präsentierten Stücken, was sich die Künstler bei ihrem Werk wohl gedacht haben. Glücklicherweise stehen erklärende Schilder daneben – so begreift man wenigstens die Intention! Die Zeit wird über die Bedeutung entscheiden…
Dann geht es aus Schöppingen heraus in Richtung Westen. Da gibt es über viele Kilometer keine moderne Kunst mehr. Aber für Kultur ist dennoch gesorgt: Immer wieder stehen Tafeln am Wegesrand mit Gedichten in niederdeutscher Sprache. Der Plattdütske Patt versucht, die alte norddeutsche Sprache zu kultivieren. Mit dem Verstehen ist es allerdings etwas schwierig, denn es gibt keine Übersetzung!
Ein Schwarm Wildgänse zieht über meinen Kopf hinweg, laut schnatternd auf dem langen Weg in die südlichen Gefilde. Der Mais ist noch nicht abgeerntet und auch das Laub an den Bäumen beginnt erst langsam, sich zu verfärben. Der Wind ist frisch. Ich fahre unter Bäumen her und mich beschleicht das Gefühl, die dicken schweren Eichen zielen mit ihren reifen Früchten auf mich. Links und rechts prasseln die kleinen Eicheln nieder. Ungetroffen entkomme ich dem Bombardement! Die Wirtschaftswege sehen hier so aus, als wär seit der letzten Asphaltierung bereits das eine oder andere Jahrzehnt vergangen. In der Mitte brechen riesige Grasbüschel aus der Fahrbahn.
Statt moderner Kunst gibt es jede Menge Bauernhöfe, einzelne Kreuze am Wegesrand, die alte Pestkapelle in Ramsberg und sehr viel Landschaft. Die Höfe stehen nicht weit auseinander und das Kläffen der Hunde ist ein ständiger Begleiter. Sie scheinen sich gegenseitig zu verständigen, den Kumpel vom Nachbarhof zu warnen: ‚Da kommt schon wieder so ein komischer Zweibeiner auf zwei Rädern. Jag ihm nen kräftigen Schrecken ein und falls Du frei laufen darfst – verfolg‘ ihn, vertreib‘ ihn!!‘ Zu meinem Glück scheinen aber alle Hunde heute eingesperrt zu sein! Irgendwann steige ich von meinem Fahrrad, um ein Foto zu machen, da werde ich doch von einem freilaufenden Vierbeiner entdeckt! Ein kleiner Langhaardackel mit rötlich schimmernden Fell kommt aus seinem Hof geschossen, böse kleffend und aufgeregt den Schwanz hin und her werfend: ein höllisch gefährlicher, süßer Schoß – äh, ich korrigiere: Wachhund! Zwanzig Meter von mir entfernt macht er eine Vollbremsung und bleibt in sicherem Abstand stehen, missmutig weiter bellend, als wollte er sagen: ‚Was willst Du hier? Das ist mein Revier!‘ Ich rufe: ‚Na, wer bist Du denn, bist Du der Fiffi? Na, komm mal her!‘ – ‚Ah, super‘, denkt sich dieser, ‚scheint doch kein böser Mensch zu sein, der kann bestimmt gut streicheln! – Ich geh‘ mal gucken.‘ Immer noch wild mit dem Schwanz wedelnd kommt er näher, springt mir an den Oberschenkel und lässt sich zwei Minuten lang genüsslich den Nacken massieren.
Der Weg führt mich zurück über den Schöppinger Berg – eine stattliche Erhebung für das ansonsten so flache Münsterland! Kurz vor dem Ende muss ich mich doch tatsächlich noch einmal richtig anstrengen! Dafür geht’s danach mit einer Sausefahrt hinab ins Ziel.