Geschichten von der Elbe
Einst war die Elbe im Norden auch Grenzfluss zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Und auch heute noch trennt der Strom hier die Bundesländer Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Einige Wachtürme haben sich aus der alten Zeit noch erhalten. Auf dem ElbeRadWeg radelt man direkt an ihnen vorbei. Einer dieser Wachtürme ist sogar offen und beherbergt eine Fotoausstellung, die zeigt, wie es hier noch in den 1980er Jahren ausgesehen hat. Die Bilder hinterlassen ein mulmiges Gefühl. Auf dem Deich waren hohe metallene Gitterzäune aufgestellt, martialisch wirkende, grimmig dreinschauende Soldaten patrouillierten am Todesstreifen und an den wenigen innerdeutschen Grenzübergängen wurden Mensch und Fahrzeug auf das Gründlichste durchleuchtet. Außer den alten Wachtürmen erinnert heute glücklicherweise nichts mehr an diese unsägliche Zeit. Die Zäune und die Grenzer sind verschwunden, die Elbtalaue ist jetzt Naturschutzgebiet und der stille Strom wirkt idyllisch und friedlich.
Doch bei Neu-Bleckede, bereits drei Kilometer auf niedersächsischem Gebiet, aber noch auf der rechten Seite der Elbe, steht noch ein Wachturm und verwundert fragte ich meinen Wirt in Stiepelse, was es denn mit diesem Turm auf sich hätte. Und der kann ins Erzählen!
‚Tja, es fragen viele nach diesem Wachturm mitten in Niedersachsen. Nene, da verlief früher schon die Grenze. Ist eine lange Geschichte (die ich hier nur verkürzt wiedergebe; Anm. des Autors). Das entstand alles aus einer Karnevalslaune heraus. Der niedersächsische Karnevalsprinz und gleichzeitige Innenminister kam Anfang der 90er zu Besuch und aus einer Bierlaune heraus wurde er gefragt, wie man als Gemeinde nach Niedersachsen integriert werden könne. Ja klar, geht das – ganz einfach, meinte der Prinzen-Innenminister, und schwupps – hatten sieben Gemeinden die Heimholung nach Niedersachsen imitiert. Gut – Niedersachsen entstand als Land erst nach dem Zweiten Weltkrieg – aber als Nachfolge des Landes Hannover, dem Freistaat Braunschweig, dem Freistaat Oldenburg sowie dem Herzogtum Schaumburg-Lippe. Und im 19. Jahrhundert gehörte das gesamte Gebiet hier einmal zu Hannover. Das reichte den Herren offenbar als historischen Grund. Da hat man gleich eine Volksbefragung gestartet, die man aber gleich wieder abbrach, als man merkte, dass sie nicht wie gewünscht ausgehen würde. Dabei hatte man doch allen erklärt, dass der Wechsel nur positive Effekte hätte! Und zack – gehörten wir 1993 plötzlich zu Niedersachsen. Mir ist das ja egal, aber viele sind bis heute damit nicht einverstanden. Hat ja auch Nachteile. Wenn man mal die Polizei braucht, kommt die erst aus Danneberg angefahren, obwohl die Station in Boizenburg direkt um die Ecke liegt, aber wie gesagt, mir ist das ja völlig egal (…)…‘
Was es nicht für lokalpolitische Possen gibt, dachte ich während des Redeflusses meines Wirtes. Merkwürdige Kuriosa, die man während des Radwanderns so mitbekommt, die man bei der schnellen Durchreise nie erfahren hätte. Aber Reisen bildet und solche Hintergrundinformationen würzen die Tour und machen sie zu einem wirklichen Erlebnis. Ein Hoch auf’s Radwandern – Hike The Bike!!
1 Kommentar
Julian Jonski
Der modrige, graue Klotz passt aber überhaupt nicht in die liebliche Elbaue 😀 Soll das ein Denk…Mal sein=?