Frühling! ja, du bist’s!
Die Tage werden länger und das erste grün sprießt schüchtern aus dem Zweigen der Bäume. Anemonen und Osterglocken strecken sich der Sonne entgegen und die ersten Sträucher am Wegesrand prahlen mit tausenden kleiner weißen, wohlriechenden Blüten! Die Vögel trällern gutgelaunt ihre Arien. Deutliche Anzeichen, dass der Winter vorbei ist und die Natur beginnt, sich im neuen Gewand einzukleiden. ‚Frühling lässt sein Blaues Band wieder flattern durch die Lüfte‘, so textete einst Eduard Möricke in seinem berühmten Frühlingsgedicht, ‚süße wohlbekannte Düfte streifen ahnungsvoll das Land‘. Stimmt! Es riecht deutlich nach Frühling. Und dennoch hat sich die warme Jahreszeit noch lange nicht durchgesetzt. Auch wenn der Himmel im tiefen blau erstrahlt und die Aprilsonne blendet, die Temperaturen erscheinen noch immer unangenehm kalt. Die Handschuhe gehören auf meinen Radtouren noch immer zur Grundausstattung. Der Wind pfeift eisig um meine Nase. Einige Schotterwege wurden ausgebessert. Wo ich letzten Monat noch akrobatisch tiefe Pfützen umkurven musste, kann ich heute dieselbe Strecke mit Tempo geradezu überfliegen! Kleine Lämmer hüpfen am Wegesrand aufgeregt um die Schafsmutter herum und auf der noch brach liegenden Wiese jagen sich zwei liebestolle Kaninchen. Von Ferne ertönt das krächzende ‚Gräh-Gepp‘ eines Fasans. Ein wunderschönes grün-rot leuchtendes Federtier fliegt an mir vorbei. Ein Papagei ? Nein, ein Grünspecht, der knapp neben mir am Baumstamm landet. Kurze Zeit später höre ich hinter mir ein maschinengewehrartiges Tottottottottottottottott. Aha, man ist dabei, sich eine neue Wohnung zu bauen!
Da taucht vor mir auf dem Wirtschaftsweg eine Gruppe von zehn Frauen mit ihren Hunden auf – eine Hundeschule. ‚Achtung Radfahrer!‘, brüllt die Rottenführerin und der chaotische Haufen von Zwei- und Vierbeinern ordnet sich blitzschnell in eine akkurate Linie von Frau-Hund-Gespannen. Von weitem schaue ich dem Treiben noch ein wenig zu. Fast schon wie bei der Formalausbildung bei der Bundeswehr marschiert der Trupp hintereinander weg. ‚Kehrt marsch‘, und alle drehen sich abrupt um und schreiten nun diszipliniert im Gänsemarsch in entgegengesetzter Richtung weiter. ‚Achtung Auto!‘, und die ganze Kompanie bleibt stehen! Ob die Hundeschule den Vierbeinern wohl genauso wenig Spaß macht wie mir die Schule früher? Na, immerhin ist man mit Frauchen an der frischen Luft und ein paar Kumpel sind auch mit dabei! Ich schwinge mich wieder auf den Sattel und komme nun an einer Baumschule vorbei. Unweigerlich ertappe ich mich bei der Frage, was man hier wohl den Bäumen beibringt??
Im knalligen Gelb stechen mir überall die Blüten der aus Japan stammenden Kornelkirsche ins Auge. Sie gehören im Frühjahr zu den ersten blühenden Sträuchern. Die Trauerweiden lassen mit frischem Grün keinen Zweifel mehr zu: der Winter ist besiegt und meine Gedanken wandern zum Höhenpunkt des Möhrinck‘schen Gedichtes: ‚FRÜHLING! JA, DU BIST’S! Dich habe ich vernommen!‘