Winterradeln im Januar

Winterradeln im Januar

Samstag früh im Januar. Noch keine neun Uhr. Die Sonne steht noch sehr flach über den Feldern. Es ist empfindlich kühl geworden. Die Autoscheiben sind zugefroren. Und ich hatte gedacht, der Spätherbst würde dieses Jahr direkt in den Frühling übergehen. Die ersten Knospen zeigen sich bereits im Garten und in den letzten Tagen hatte ich noch nicht einmal die Handschuhe angezogen. So überraschen mich die heutigen Frühtemperaturen. Aber egal – solange es nicht schneit, wird geradelt! Los geht’s!

Unterwegs überhole ich einen fahrradfahrenden Hundeführer. Den kleinsten Kläffer führt er an der Leine, die anderen beiden laufen frei. Und einer dieser Hunde findet es unmöglich, überholt zu werden. Er setzt mir nach! ‚Jule!! Oskar!! Hierher!!‘, höre ich es hinter mir schreien. Aber Jule denkt gar nicht daran zu gehorchen. Sie holt mich ein, die Augen starr nach vorne gerichtet, und läuft mit mir um die Wette. ‚Prima‘, scheint sie sagen zu wollen, ‚endlich mal einer, der nicht so langsam wie mein Herrchen ist! Los, gib Gas!‘ Hinter mir höre ich Oskar hecheln, der nicht ganz die Kondition der Jule zu haben scheint. Und auch Herrchen hatte mit seinem dritten Hundchen die Geschwindigkeit erhöht, um das Schlimmste zu verhindern.  Als er jedoch sah, dass seine Hunde gar nichts von mir wollten und Spaß am Wettlauf hatten, schien eine Last von ihm zu fallen. ‚Gibt’s ja gar nicht, die ist schon 15 Jahre alt! Ich glaub, so schnell war ich noch nie wieder zuhause!‘

Hinter der nächsten Ecke ging es in den Wald. Pfützen beherrschten den schlammigen, hier noch ungefrorenen  Boden. Nicht der beste Untergrund für mein Trekkingrad. Ich fürchte, ich werde es hiernach wieder einmal putzen müssen. Da höre ich es hinter mir klappern. Ein älterer Herr im modisch hellblauen Radler-Outfit holt mich mit seinem Mountainbike ein. Mit seinen breiten Reifen durchpflügt er viel besser die morastige Wegstrecke als ich. Da weiche ich lieber aus und rufe ihm zu: ‚da kann ich eh‘ nicht mithalten‘. Ach, entgegnet dieser, ‚häng‘ Dich einfach an mich dran!‘ So kämpfen wir und gemeinsam über den nassen Waldweg und fahren auch anschließend noch ein, zwei Kilometer nebeneinander her. Er ist Rentner, so erzählt er mir, und kommt aus dem Nachbardorf. Drei bis vier Mal die Woche macht er eine Tour. Das hält ihn fit! Heute sind es so rund 60 Kilometer, die er sich vorgenommen hat. Ich bin beeindruckt und scheue mich, von meinen kläglichen 18-einhalb Kilometern zu erzählen.

Aber es ist doch interessant, wie viele Leute man beim Radfahren kennenlernen kann!

Die Sonne blinzelt durch das knorrige Geäst der kahlen Bäume, auf den Wiesen glitzert der Reif. Tatsächlich: ein Hauch von Winter! Ich hänge meinen Gedanken nach – fast träume ich schon. Mein Thermometer zeigt mit + 2,4°C an. Wie kalt mag es wohl am Boden sein – und hupps – mein Hinterrad rutscht in der Kurve über den Asphalt. Hier ist es tatsächlich glatt! Und wie!! Fast wäre ich… aber es ging gerade noch einmal gut! Wow, jetzt bin ich aber wirklich wach! Die nächsten Abfahrten nehme ich gaanz vorsichtig und gaanz laangsaam! Der Adrenalinschub treibt mich nach Hause. Der Tag kann beginnen!

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