Von unplattbaren und pannensicheren Reifen

Von unplattbaren und pannensicheren Reifen

Es wurde als unerträgliches Unwort beschimpft und als genialer Werbeausdruck gefeiert: das Kunstwort ‚unplattbar‘. Eine grammatikalische Grausamkeit und vom Inhalt her grundfalsch, wettern einerseits selbsternannte Sprachhüter. Einprägsam und treffend auf den Punkt gebracht, jubeln andererseits pannengeplagte Werbestrategen. Was ist dran an dem Fahrradreifen, der so die Gemüter erhitzt, dass sich in Foren so lange Kommentarlisten angesammelt haben, dass man sich Urlaub nehmen müsste, um alle zu lesen?!

Bleiben wir zunächst einmal sachlich: Als Unplattbar®-Reifen wird der Schwalbe Marathon XR bezeichnet. Er besitzt eine zusätzliche 5 mm dicke höchst widerstandsfähige Einlage aus Spezialkautschuk, die ein Eindringen von Scherben oder Granulat verhindern soll.

Andere Hersteller zogen inzwischen nach und bieten eigene angeblich pannensichere ‚Runflat-Reifen‘ an. Den Begriff ‚unplattbar‘ dürfen sie dabei nicht nutzen, da er für die Firma Schwalbe rechtlich geschützt ist. Schwalbe wirbt mit dem Slogan ‚Panne war gestern‘, nicht ohne gleich danach einschränkend zu betonen, dass eine Reifenpanne natürlich nie so ganz ausgeschlossen ist.

In den Foren des Internet geht es derweil hoch her. Nun hat man aber auch manchmal den Eindruck, dass Foren nur dazu dienen, dass irgendwelche profilierungsgeilen Profi-Nörgeler versuchen, der gesamten Welt ihre negative Grundhaltung um die Ohren zu hauen! ‚Vergiss unplattbar‘, ‚totaler Schrott‘, und ‚Verarsche‘ heißt es dort nur bedingt objektiv. ‚Zu schwer‘, zu kompliziert aufzuziehen‘, ‚zu rutschig‘ waren die etwas sachlichere Bemerkungen bezüglich dieses Reifens. Und dann übertrumpfen sich die Teilnehmer mit gefahrenen Kilometern mit oder ohne Reifenpanne, ohne dass man diese Behauptungen je nachprüfen könnte!

So möchte ich mich an dieser Stelle auch einmal an dieser skurrilen Diskussion beteiligen: mein keineswegs unplattbarer Reifen hielt immerhin stattliche 12.000 Kilometer, ehe sich eine – zugegeben – ziemlich große und spitze grüne Scherbe durch die blaue Kautschukmasse bohrte und damit meinen Reifen plattete. Gewechselt habe ich den Mantel nicht – nur den Schlauch – und bereits nach 2.000 Kilometer plattete der Reifen ein zweites, nach weiteren 500 Kilometern ein drittes Mal. Logisch, denn der offensichtlich zu große Scherbenspalt ließ nun immer wieder kleine, aber bösartige Steinchen in das Reifeninnere ein, die dem Schlauch dann den Garaus machten. Entnervt wechselte ich den unbrauchbar gewordenen Mantel und fahre seitdem seit 7.000 Kilometern reifenpannenfrei – toi, toi, toi!

Unplattbar ist der Schwalbe-Reifen also nicht und er ist natürlich auch etwas teurer als herkömmliche Fahrradmäntel. Da er aber bei mir durchaus länger gehalten hat, hat er sich dementsprechend auch rentiert – zumindest für mich.

Die anderen Kritikpunkte, der Marathon XR würde sich schwerer montieren lassen und ist bei Nässe rutschig, kann ich durchaus bestätigen. In der Schweiz sauste ich bei Regen über eine Holzbrücke, als ich neben mir einen kleinen Wasserfall erspähte. Den musste ich natürlich fotografieren. Kurz gebremst – schwupps, lag ich der Länge nach im nassen Modder. Der anschließende mittägliche Besuch im Restaurant war mir ob der vom Matsch gezeichneten Jeans und Jacke schon ziemlich peinlich! Und in Paderborn rutschte mein Vorderrad auf nassem Kopfsteinpflaster blitzschnell zu Seite weg. Just in dem Augenblick kam eine Reisegruppe vorbei, die sich anschickte, die gleich daneben liegende Kaiserpfalz Karls des Großen in Augenschein zu nehmen. So lag ich denn zu Füßen der Touristen und hatte das Gefühl, in diesem Moment die größere Attraktion gewesen zu sein!

Wohlgemerkt, ich fahre den Marathon XR von Schwalbe immer noch und eigentlich bin ich mit ihm auch ganz zufrieden. Eines aber sei deutlich gesagt: Nichts ist so perfekt, wie es uns die Werbung weismachen möchte.

2 Kommentare

  • geschrieben 2. April 2014

    Radfahren macht Spass

    12000 Kilometer mit einem, wenn auch unplattbarem, Fahrradreifen? War denn da noch Profil drauf?

  • geschrieben 2. April 2014

    Radpilot

    Doch, doch, war schon noch. Aber es stimmt schon: der Wechsel war eh‘ fällig!

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