Der Spreequellen-Streit

Der Spreequellen-Streit

…oder: wo beginnt meine Spree-Radtour?

Die meisten Radfernwege folgen einem festgelegten Thema: Sehenswürdigkeiten, wie Burgen, Schlösser, oder Mühlen, bestimmten Landschaftsformen, Küstenlinien, Kanälen oder Flüssen. Ich weiß nicht, wie ihr es seht, aber die Flusstouren sind mir am liebsten. Man folgt einem Flusslauf vom Ursprung, seiner Quelle bis zur Mündung in einen größeren Fluss oder ins Meer. Dabei beobachtet man, wie sich aus einem unbedeutenden Rinnsal eine große Wasserstraße entwickelt, mal wild und ungebändigt, mal idyllisch in die Landschaft eingebettet, mal erhaben und majestätisch. Auf einer solchen Radtour ‚erfährt‘ man sich im wahrsten Sinne des Wortes diesen bestimmten Fluss. Und eine solche Rad-Erfahrung startet natürlich an der Quelle, dem Beginn der langen Wasserreise, wenn das kühle, klare Nass dem Boden entspringt. Quelle und Mündung bilden die beiden Pole eines Flusses.

Nehmen wir zum Beispiel die Spree, die im Oberlausitzer Bergland unweit der tschechischen Grenze entspringt. Nein – falsch – schlechtes Beispiel. Denn die Spree hat gleich drei Ursprünge – historische Quellen berichten sogar von fünf Wasserquellen. Gut, im Oberlausitzer Bergland entspringen diese Quellen allesamt, aber welche ist nun die wahre, einzige, wirkliche Ursprungsquelle der Spree? Da haben wir bei Eibau am Berg Kottmar die höchstgelegene Quelle. Mitten im Wald gelegen, wurde sie 1921 als Denkmal für Gefallene im Ersten Weltkrieg eingefasst. Vier Kilometer entfernt, in Neugersdorf, befindet sich – gleich neben einem Schwimmbad – die zweite Quelle, 1888 prosaisch am Straßenrand in ein schmiedeeisern verziertes Karree eingefasst. Der Abfluss verläuft unterirdisch, ist aber der wasserhaltigste aller Spreequellen. Die dritte Quelle befindet sich nur einen Kilometer weiter in Ebersbach-Spreedorf. Sie ist die älteste bekannte Spreequelle. Die anderen wurden erst wesentlich später so bezeichnet. Alle drei Spreearme vereinigen sich bald zu einem kleinen Bach. Zwischen den Orten Eibau, Neugersdorf und Spreedorf entzündete sich nun ein langer Streit, wer wohl die wirkliche und wahre und damit einzige Spreequelle besitzt. Schließlich ist es ja wichtig zu wissen, wer den Berlinern das Spreewasser abdrehen könnte – zumindest  theoretisch! Das Gezeter war groß und bis in das späte 19. Jahrhundert so nachhaltig, dass schließlich Generalfeldmarschall von Moltke 1887 eingriff, und die Quelle in Spreedorf zur einzig amtlich anerkannten Spreequelle erhob – Basta!

Nein – auch nicht wirklich. Die anderen beiden Spreequellen behaupteten sich weiterhin daneben und heute hat man sich einfach darauf geeinigt, dass es halt drei Quellen gibt. Der Spreequellstreit hat ja nun auch keinen wirklich tieferen Sinn.

Für den Radwanderer ergibt sich nun bloß die Frage, wo er seine Spreetour starten soll?! Aber der Spree-Radweg bietet da eine logische und sinnvolle Route an, die an der höchsten Quelle am Kottmar startet und dann die anderen beiden Quellen abklappert, ehe man dann dem Verlauf des Flusses folgt. Auch nicht ganz richtig, denn die frühe Spree bekommt man zunächst relativ wenig zu sehen – dafür aber ist die Oberlausitzer Landschaft wunderschön!

 

 

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